Mittwoch, 22. September 2021

Änderung Transplantationsgesetz Schweiz hin zur Widerspruchslösung

Sie wollen nur unser Bestes ...
doch wir geben es ihnen nicht!

Halleluja? Wieder wird in der Schweiz sozusagen ein Gesetz durchgejubelt und durchgewunken, selbstverständlich am Volk vorbei.

Bis jetzt war es so, dass Organe Sterbender (nicht Verstorbener, denn Toten kann man keine Organe zur Transplantation entnehmen) nur entnommen werden dürfen, wenn diese einen Organspenderausweis hatten oder die Angehörigen einer Organentnahme zustimmten.


Schon als Nationalrätin hat sich Bundesrätin Amherd für eine Gesetzesänderung eingesetzt und am 28.9.2010 ein Postulat (10.3701) eingereicht: "Widerspruchsmodell bei Organentnahmen". Hier die Details, wer sich die Begründung und die Stellungnahme des Bundesrates vom 24.11.2010 gerne anschauen möchte.

Modell klingt so harmlos, hat aber mit der Fashionwelt nichts zu tun. Jetzt sprechen wir bereits von Lösung: Widerspruchslösung. So muss also jeder von uns zu Lebzeiten einer Organentnahme explizit widersprechen. Wie wir schon in Bezug auf die Coronamassnahmen und speziell die mRNA-Impfungen feststellen mussten, gehört der Körper offenbar neu dem Staat und das Wort "Solidarität" wird gerne als Waffe eingesetzt gegen all diejenigen, welche das anders sehen.


Am 22.3.2019 wurde die Volksinitiative "Organspende fördern — Leben retten" eingereicht. Das Initiativ-Komitee setzt sich nach eigenen Aussagen für mehr Selbstbestimmung, Sicherheit und Solidarität in der Organspende ein. Mitglieder dieses Komitees sind gemäss Homepage:

PD Dr. med. François Majo Médecin Ophtalmologue et Ophtalmochirurgien Clinique Hirslanden, Prof. Dr. med. Christoph Haberthür Facharzt für Intensivmedizin und Allg. Innere Medizin Klinik Hirslanden, Peter Schär Präsident Schweizerischer Organ Lebendspender Verein Leber/Niere (SOLV-LN), Wolfgang Ender Transplantationskoordinator KSSG, Prof. Dr. med. Philippe Eckert Spécialiste en médecine intensive CHUV, Prof. Dr. med. Guido Beldi Leitender Arzt Viszeralchirurgie Inselspital Bern, Prof. Dr. med. Beatrice Früh Abteilungsleiterin und Chefarzt Stv. Universitätsklinik für Augenheilkunde Inselspital Bern, Prof. Dr. med. Christian Toso Médecin-chef de service, Service de chirurgie viscérale HUG, Prof. Dr. med. Daniel Candinas von Albertini Geschäftsführer Klinikdirektor, Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin Inselspital Bern, PD Dr. med. Karine Hadaya Médecin adjoint agrégée, Service de Néphrologie, Service de Transplantation HUG, Prof. Dr. med. Markus Béchir Leiter Zentrum Innere Medizin Hirslanden Klinik Aarau, Dr. med. Isabelle Binet Leitende Ärztin, Klinikleiterin Klinik für Nephrologie und Transplantationsmedizin KSSG, Dr. med. Daniel Sidler Stv. Oberarzt, Inselspital Bern, Prof. Dr. med. Manuel Pascual Chef de service, Centre de transplantation d'organes CTO, CHUV, Prof. Dr. Pascal Meylan Virologue clinique, Institut de Microbiologie CHUV, Corinne Delalay-Marti Cordinatrice de réseau PLDO, HUG, Niki Pirker Fondation Reload, Dr. med. Oliver De Rougemont Oberarzt Transplantationschirurgie USZ, Patricia Blaschke Transplantationskoordinatorin USB, PD Dr. Patrizia Amico Leitende Ärztin Transplantationsimmunologie und Nephrologie USB, Thomas Heiniger Gesundheitsdirektor ZH/Regierungsrat ZH, Valérie Piller Carrard Conseillère nationale PS, Laurent Wehrli Syndic de Montreux, Conseiller national PLR, Angelo Barrile Hausarzt/Nationalrat SP, Cédric Wermuth Nationalrat SP, Rosmarie Quadranti Kauffrau, Nationalrätin BDP, Mathias Reynard Enseignant, Conseiller national PS, Laurence Fehlmann Rielle Politologue, Conseillère nationale PS, Priska Seiler Graf Stadträtin Kloten, Nationalrätin SP, Andrea Caroni Rechtsanwalt/Ständerat FDP, Raphaël Comte Juriste/Conseil des Etats PLR, Liliane Maury Pasquier Conseillère des Etats PS, Carlo Sommaruga Avocat/Conseiller national PS, Lisa Mazzone Conseillère nationale Les Verts, Flavia Wasserfallen Nationalrätin SP, Prof. Dr. med. Felix Gutzwiller Präventivmediziner und Ständerat FDP, Dr. med. Edith Fässler Intensivmedizinerin und Oberärztin KSSG, Dr. med. Renato Lenherr Intensivmediziner und Leiter Donor Care Association USZ, Dr. med. Christian Brunner Oberarzt Zentrum für Intensivmedizin LUKS, Leiter Netzwerk Organspende Luzern, Pierre-André Page Conseiller national UDC.

Lauter wohlmeinende, neutrale, unbeteiligte Gutmenschen ohne Eigeninteressen und selbstverständlich von Geldinteressen unbeeinflusste Politiker verschiedenster Couleur. Hier ihr Argumentarium:

Zu Selbstbestimmung: Die Initiative gewährleiste, dass jede Person ihren Willen selbstbestimmt festhält und der Entscheid jedes Einzelnen bekannt ist (Register).

Entlastung für die Angehörigen: die müssten nicht im schwierigsten Moment im Sinne verstorbener Personen entscheiden.

Solidarität: die Initiative bilde die positive Haltung von über 80 Prozent der Schweizer Bevölkerung ab und widerspiegle die Solidarität der Gesellschaft.

Mehr Nächstenliebe: Organspende sei ein Akt der Nächstenliebe! Organspende werde gefördert, Leben würden gerettet.

Mehr Sicherheit und Verbindlichkeit: die vermutete Zustimmung ermögliche eine erhöhte Rechtssicherheit. Es werde sichergestellt, dass der Wunsch der verstorbenen Person umgesetzt wird.

Würde diese Initiative angenommen, würden die Angehör-igen NICHT angehört. Nur wer zu Lebzeiten ausdrücklich seinen Widerspruch gegen die Organspende formuliert, gilt im Todesfall nicht als Organspender. Allen anderen dürften ihre Organe entnommen werden.


Der Bundesrat hat nun einen Gegenvorschlag ausarbeiten lassen, geht ihm die Forderung der Initiative doch zu weit. Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, soll dies künftig zwar explizit festhalten müssen. Angehörige sollen aber eine Spende ablehnen können und sind keine Angehörigen erreichbar, wäre eine Entnahme in jedem Fall verboten.


Eine Spende ist für mich etwas, das man freiwillig gibt. Man muss ja auch nicht irgendwo explizit festhalten, dass man nach seinem Tod nicht so-und-soviel Prozent der Hinterlassenschaft zum Beispiel dem SRK zukommen lassen will, und hat man das nicht zum voraus kundgetan, wird der entsprechende Betrag automatisch vom Konto abgebucht.


Am 20.9. hat der Ständerat mit 31 zu 12 Stimmen der sogenannten erweiterten Widerspruchslösung zugestimmt und hat sich für den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates ausgesprochen. Die Initiative empfahl er einstimmig zur Ablehnung. Das Geschäft geht nun zurück an den Nationalrat. 


Organe spenden können übrigens nur Personen, welche im Spital einen Hirntod infolge Hirnschädigung oder Herz-Kreislauf-Stillstand erleiden. Verstirbt jemand ausserhalb des Spitals, ist eine Organspende nicht möglich — weil man eben Organe eines Toten nicht entnehmen kann, ausser die Hornhaut der Augen samt Augengewebe!


Hier mein Post "(F)Rohstoff Mensch - Handelsstandort Schweiz", vom 26.9.2010, als bekannt wurde, dass eine Änderung des Gesetzes in Bearbeitung sei.

Und mein Blogpost vom 25.4.2011 (Transplantationsmedizin - No-Touch-Periode im Visier) und wie das Ganze dann in der Praxis aussehen könnte, u.a. mit der unglaublichen Geschichte eines Rumänen, der in Spanien einen Herzstillstand erlitt und bei dem der Intensivmediziner 12 Minuten nach Einlieferung den Patienten offiziell für tot erklärt. Die "No-Touch-Periode" in Spanien beträgt gerade mal 5 Minuten. Danach wurde ohne Rücksprache mit der Familie mit den Vorbereitungen der Organentnahme begonnen, welche in diesem Fall 50 Minuten nach Einlieferung beendet waren. Bereits 3 Stunden nach Eintreffen des Rettungswagen in der Klinik begann die Organentnahme!


So sieht das aktuelle Transplantationsgesetz gemäss Bundesverfassung heute aus. Wie ich das sehe, wird es wohl definitiv den Bedürfnissen der involvierten Mediziner, Institutionen und Geldinteressen angepasst werden, wenn nicht ein Referendum zustande kommt.


Ob ich mir zur Sicherheit "ich bin keine Organspenderin" tätowieren lasse? Sicher ist heute gar nichts mehr, denn wenn man mittels Skalpell oder Laser das "k" entfernt, sieht die Sache schon wieder anders aus.


Ach Viola, wärst Du doch am Herd geblieben 🧐. Aber seien wir ehrlich: die Politiker wollen doch alle immer nur unser Bestes … aber wir geben es ihnen nicht!


PS: heute hat der Nationalrat dem Gegenvorschlag des Bundes ebenfalls zugestimmt 😕


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