Meine Freundin Erika war unter anderem eine Philosophin und Wortakrobatin. So konnte sie denn dank ihrem Gespür und einem Sinn für das Wesentliche beinahe jedem Wort das ihm innewohnende Geheimnis entlocken - den Wahrheitskern.
Habseligkeiten war so ein Wort. Sprechen wir allgemein von Habseligkeiten, bezeichnen wir damit umgangssprachlich den mehr oder weniger armseligen Besitz Mittelloser. Erika brauchte mich jedoch nur kurz damit anzustupfen und ich sah darin sofort die Aufforderung "habt selig".
Die meisten unserer Besitztümer finden kaum mehr Beachtung. Sie sind uns selbstverständlich geworden. Bei Kindern ist das noch etwas anderes. Sie sind selig mit ihrer Habe, deren Wert sie nicht auf monetärer Ebene sehen. So lieben sie beispielsweise inbrünstig ihren Stoffteddy, wie abgegriffen er auch immer aussieht. Selbst wenn ihm ein Auge fehlt, ist er unersetzlich. Um nichts in der Welt würde eine treue Seele ihn gegen einen Neuen aus dem Warenhaus eintauschen.
So erzählte mir einst mein Schauspiellehrer, dass er als Kind während des Krieges bei Bombenalarm jeweils selber sein Köfferchen packen musste, um in den Schutzkeller zu gehen. Er füllte das Behältnis mit seinen Habseligkeiten, den Dingen nämlich, die seine Gefühlswelt bereicherten. Mutters Kontrollblick entging der Fehlgriff meist nicht, und sie packte um und vor allem Kleider und Essbares ein. Sobald sich Klein-Ruedi jedoch die Gelegenheit bot, hat er diesen "Fehler" korrigiert.
Wann haben wir selber das letzte Mal bewusst wahrgenommen, was bei uns so alles herumsteht? Bedeuten uns die Sachen noch etwas oder sind sie uns einfach egal? Manch ein einstiges Lieblingsstück fristet bei uns lediglich noch ein Dasein als Staubfänger? Kennen wir jemandem, dem es noch wahre Freude bereiten könnte?
Irgendeinmal werde ich mich wohl daran machen müssen, meine Besitztümer zu durchkämmen und aufs Wesentliche zu beschränken und nur noch Dinge um mich zu haben, die mich erfreuen und noch mit mir und meinem aktuellen Leben zu tun haben - echte Habseligkeiten eben. Das wird nicht leicht werden und viel Zeit kosten, da bin ich mir ziemlich sicher.
Ob ich in meinen Ferien gleich damit anfange? Und wenn ich gar nicht weiss, wohin mit dem Rest, wäre das dann vielleicht ein Fall für Google, genauer gesagt Gugel Kram?
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