Freitag, 3. Dezember 2010

Alternative Medizin in der Schweiz - was ist Scharlatanerie?

Brauchen wir solch despektierliche Karikaturen wie im letzten "Beobachter"?
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Aber durch wen?

Gestern wurde auf 3Sat ein wunderbarer Film ("Der Mensch ist des Menschen Medizin") gezeigt über die Traditionelle Europäische Medizin (TEM). Ja, Sie haben richtig gehört, die gibt es tatsächlich. Warum immer in die Ferne schweifen, liegt das Gute doch so nah. Auch wir haben Heilpflanzen und brauchen dafür nicht unbedingt nach China auszuwandern. Und seien wir ehrlich, auf Tigerknochen, Nashornsalben, Bärengalle und ähnliches hat keiner so wirklich Lust. Vor chinesischer Traditionsheilkunst ist kaum ein Getier sicher. Auffallend viele der Präparate stehen zudem in Zusammenhang mit Potenzsteigerung; so soll das in den Drachenmann-Pillen enthaltene Robbenpenis-Pulver selbst den müdesten Mann munter machen.

In Europa sind die Probleme vielleicht dieselben, die Ansätze jedoch etwas anders. So erhielt man in der 45minütigen Reportage u.a. Einblick in die Arbeit schulmedizinisch und alternativ ausgebildeter Ärzten, welche je nach Bedarf und Möglichkeit mit sanften Ansätzen vorgehen.

Was mir in der Seele wohltat waren jedoch die Aufnahmen der Natur. Allein über die Augen nehmen wir tagtäglich unzählige Impulse auf, leider meist negative. Unseren Sinnen die optimale Nahrung zu reichen über Bilder, Worte etc. ist lebensnotwendig (weil Not wendend!). Eine blühende Wiese mit Heilkräutern aller Art ... gibt es was Schöneres.

Die Tränen in die Augen getrieben hat mir auch der Artikel im "Beobachter" über Alternativmedizin, allerdings aus einem ganz andern Grund. Unter dem Titel "Helfer, Heiler, Scharlatane" wird über alternative Ansätze hergezogen in einer reisserischen Art und Weise, wie man es gerade vom Beobachter nicht erwartet. Wo denn, wenn nicht bei diesem Blatt zähle ich auf eine objektive, seriöse Berichterstattung? Unterstrichen wird der tendenziöse Artikel zudem mit Karikaturen, welche man tatsächlich nur als Frechheit bezeichnen kann. Der einzige, der mehr als gut wegkommt, ist Simon Becker. "....Der in der USA und China ausgebildete Therapeut mit dem jungenhaften Gesicht...." (als ob das eine Rolle spielen würde) ....ist offenbar so gut vernetzt, dass er nebst seinen Akupunktur-Nadeln bereits einige wichtige Machtfäden in Händen hält. So ist er langjähriger Präsident der SBO-TCM, der schweizerischen Berufsorganisation für Traditionelle Chinesische Medizin, und präsidiert zudem die Trägerorganisation der Alternativmediziner. Aktuell mit einer Berufsfeldanalyse betraut soll er helfen, dafür zu sorgen, dass "Scharlatane" künftig.... zumindest fundiert und einheitlich ausgebildet werden, am besten gleich an der Universität. Ich meine, was ist ein Scharlatan?

Im Artikel (aber lesen Sie doch gleich selber) werden nämlich alternative Negativbeispiele aufgezählt, wie das des Solothurner Naturheilers, der in seiner Praxis Blutegeltherapie gegen Krampfadern anbietet und dessen eine Klientin aufgrund von Gerinnungsproblemen massive Nachblutungen hatte. Der Therapeut hatte sich zwar im Vorfeld schriftlich bestätigen lassen, dass Eisen- und Hämoglobinspiegel in Ordnung seien, forderte aber keine aktuellen Werte an, sondern verliess sich auf das Wort der Patientin. Ein Fall von vermutlich vielen. Scharlatan?

Was aber ist mit Carolin Beyers aus Deutschland, deren Leidensgeschichte kürzlich auf RTL vorgestellt wurde. Ihr Sohn Paul war anno 2005 im Geldener St.-Clemens-Hospital per Kaiserschnitt zur Welt gekommen - reine schulmedizinisch begleitet also. Sämtliche Materialien im OP werden IMMER vor und nach einem Eingriff gezählt. Gemäss OP-Protokoll fehlte im Fall von Frau Beyers nach der Sectio eines von 15 OP-Tücher; die Ärzte hatten es, wie sich nachträglich herausstellte, im Unterleib vergessen. Noch im Krankenhaus bemerkte Frau Beyers eine Wölbung im Bauchbereich. Blähungen und Darmgase, alles völlig normal nach einem Kaiserschnitt, meinten die Ärzte und sahen keinen Handlungsbedarf. Allmählich wurde der Bauch jedoch grösser und grösser, wie bei einer Schwangerschaft und Frau Beyers fürchtete gar, sie habe Krebs. Aus Angst vor einer niederschmetternden Diagnose ging sie erst gar nicht mehr zum Arzt. Nach etwa zwei Jahren hatte sich 25-Kilo schwerer Pseudotumor gebildet, welcher bereits mit dem Darm und dem Rippenbogen verwachsen war. In einer typischen Abwehrreaktion hatte der Körper das OP-Tuch verkapselt. Frau Beyers hat heute nebst einem Trauma riesige Narben am Bauch. Sie trägt eine Art Bauchgurt, damit sie mehr Halt hat. Ein zweites Kind wird sie wohl nicht mehr haben können. Ein Fall von vermutlich vielen. Scharlatan?

Es gibt übrigens eine extra Seite im Internet (CIRS = Critical Incident Reporting System), sozusagen ein virtueller Beichtstuhl für Ärzte, welche ihren Pfusch anonym melden möchten, nicht, damit man ihnen Absolution erteilt, sondern damit andere aus ihren Fehlern lernen können.

Zurück zum Beobachter-Artikel und zu den klaren Regeln, welche nach dem "...euphorischen (kann man euphorisch abstimmen?) Bekenntnis des Schweizer Stimvolks zur Komplementärmedizin vom Mai 2009" nun zwecks Vereinheitlichung gelten sollen. Verschiedene Gremien des Bundes (?) befassen sich mit der Umsetzung. Wie sind die jedoch zusammengesetzt und was verstehen die Leute tatsächlich von (Alternativ)Medizin? Bis Ende Jahr wird die Eidg. Leistungskommission entscheiden, ob von Ärzten ausgeübte Methoden der Komplementärmedizin wieder in die Grundversicherung aufgenommen werden sollen. Als ob ein Schulmediziner sich in einem Wochenendkurs die Erfahrung aneignen kann, welche wir alternativen Therapeuten uns in 20-30 Jahren haben erarbeiten können? Man kennt diesbezüglich Negativbeispiele z.B. aus dem Bereich Chiropraktik, genauer gesagt u.a. die Problematik mit der Schädigung der Vertebralarterie durch unsachgemässe Manipulation. Gemäss einer Studie der Kanadischen Schlaganfallgesellschaft seien 40 Prozent der Schlaganfälle auf Schäden der Halsarterie nach chiropraktischer Behandlung zurückzuführen. Oft ist der Zusammenhang mit einer Behandlung nicht sofort klar ersichtlich, ausser vielleicht im Falle einer mittlerweile 30jährigen, deren Fall ebenfalls am Fernsehen gezeigt wurde , welche seit elf Jahren von der HWS an gelähmt ist und rund um die Uhr betreut werden muss. Da die Lähmung noch in der Praxis des Chiropraktors auftrat, ist sie zumindest finanziell einigermassen abgesichert. Scharlatanerie?

Egal ob Schulmedizin oder Alternativmedizin, bei welcher eine positive Wirkung oder gar vollständige Heilung oft despektierlich als Placeboeffekt abgetan wird: Arbeiten können wir alle nur mit einem, nämlich DEN SELBSTHEILUNGSKRÄFTEN, die jedem Menschen innewohnen. Was soll der Arzt tun, wenn eine Naht nicht zusammenwachsen will, das Antibiotikum keine Wirkung zeigt etc.? Genau, einen neuen Impuls setzen und warten und beten, dass der Körper damit etwas anfangen kann!

Ich bin jedenfalls gespannt, wie sich das Ganze entwickeln und was in Zukunft auf uns Therapeuten zukommen wird. Mir wurde die Gabe des Heilens, besser gesagt: des Impulse setzens bereits in die Wiege gelegt. Schon als kleines Kind konnte ich mit blossen Händen intuitiv Punkte aktivieren und zum Beispiel meine Mutter so von ihren Rückenbeschwerden befreien. Dass meine Fähigkeit, Energie zu fühlen, zu hören, zu sehen und zu führen, etwas Aussergewöhnliches ist, war mir damals nicht bewusst. So eine Sensitivität ist ein Geschenk, mit dem umzugehen nicht immer einfach war und ist. Dennoch bin ich unendlich dankbar dafür.

Ein Scharlatan ist für mich jemand, der etwas (gegen Bezahlung) tut, das er wissentlich nicht beherrscht. Man muss auch eingestehen können, wenn etwas die eigenen Fähigkeiten übersteigt und die Leute weiterweisen an jemanden, der über diese Fähigkeit verfügt. Meines Erachtens sollten Schul- und Alternativmedizin in Zukunft zusammenarbeiten und einander ergänzen, statt sich zu bekämpfen. Wir haben verschiedene (Impuls)Paletten und können dadurch gemeinsam einen viel grösseren Bereich abdecken und voneinander lernen.... zum Wohle unserer Klienten. Ob die Pharmamultis da etwas dagegen hätten?






ÜBRIGENS: WO IST MEINE SCHERE?

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