Freitag, 19. März 2010

Druck von oben


Ich wohne nun schon eine ganze Weile im selben Haus in der selben Strasse. Unser Quartier ist fast wie ein Dorf; man kennt sich mit der Zeit und grüsst sich, fast so wie früher auf dem Land.

Einer unserer Briefträger ist mir seit jeher sympathisch. Stets hatte er ein Lächeln, ein freundliches Wort, war hilfsbereit und schien motiviert.

Über die Jahre wurde der Druck von oben offenbar auch bei der Post immer härter, stärker, fordernder. Früher wurden ja Pakete noch bis vor die Haustür gebracht. Der Postbote erhielt oft ein Schnäpschen oder liess sich gar auf ein Schwätzchen ein. Böse Zungen behaupten gar, dass es manchmal nicht dabei blieb und hie und da sogar ein sogenannter Bastard gezeugt wurde... übrigens ein Unwort für ein Kind.

Heute müssen sich selbst Leute über 80 die Treppen runterquälen, und zwar auch dann, wenn die Lieferung schwerer zu sein scheint, als die Empfängerin, der Empfänger selber. Wie das in etwa aussehen könnte, zeigt uns diese brave türkische Ehefrau (Cabuk-cabuk.... hopp-hopp!!):



Vermutlich haben unsere Pösteler stets einen Defi mit dabei... für alle Fälle.

Alles wurde im Laufe der Zeit neu organisiert. Die aktuell geplanten Sortieranlagen sollen zum Beispiel auch wieder ein paar Menschen ersetzen, sprich: zu Arbeitslosengeldbezügern machen. 3400 Pösteler bangen derzeit um ihren Job. Wie ein Brief nach der Passage durch die Sortieranlage auch aussehen kann, habe ich erst kürzlich gesehen. Beeindruckend zerschnibbelt!!! Die Post hat mir zwar die Marke ersetzt, Couvert und Neuausdruck ging jedoch zu meinen Lasten.

Wie es scheint ist die ehemalige PTT dabei, selbst die Ausliefernden allmählich wegzurationalisieren. Dass unser sympathischer Briefträger in letzter Zeit so bedrückt aussieht liegt wohl daran, dass er jetzt zwei Touren machen muss, statt nur einer, und das vermutlich in praktisch derselben Zeit. Da Herr M. eine neue Route nimmt, erhalten wir die Post nun wesentlich später als bisher. Manche Leute nehmen das nicht einfach so hin und reagieren ihren Ärger am Boten ab. Nebst dem üblichen Briefkram muss der jedoch seit geraumer Zeit auch noch diverse Zeitungen und Werbematerial in die Kästen legen, auch das ein Zeitfaktor.

Es ist ein wenig wie überall: doppelter Einsatz zum gleichen Lohn, jedenfalls für diejenigen ganz unten auf der Karriereleiter. Habe ich gerade Karriere geschrieben? Was für eine Karriere?

Diejenigen an der Basis werden zudem meist nicht gefragt, wenn es um Verbesserungsvorschläge geht. Sie werden jedoch gedrückt und gepiesackt, wo es nur geht, damit sich diejenigen an der Spitze beruhigt zurücklehnen und ihre Millionen zählen können. So hat der frühere Postchef Ulrich Gygi im Jahr 2008 angeblich stolze 829'387 Franken verdient. Ein beeindruckendes Sümmchen! Ob er es tatsächlich verdient hat, ist eine andere Frage.

Tja, vorbei sind die Zeiten der Schnäpschen, Schwätzchen oder gar Schäferstündchen. Modern Times halt .... wo führt das noch alles hin? Was meinst Du Charlie? ;-)

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