Samstag, 2. August 2008

Vom Perpetuum mobile zu Bernmobil


Vom Perpetuum mobile zu Bernmobil - ein Quantensprung in der Schüssel? 
Also ich weiss nicht, die haben echt Humor, die Leute welche für unseren ÖV zuständig sind, und zwar sogar mobilen.

Der thront in der Fahrer-Kanzel und hat seine genauen Anweisungen, gepaart mit einer Portion mangelnder Zivilcourage und völlig fehlender Kreativität. Der ideale Angestellte und Traum jeder Firma. Etwas grösser gesehen könnte man hinzufügen: der Traum jeden Staates, ja der ideale Staatsbürger überhaupt... lenkbar, ängstlich, verzagt und doch korrekt.

Geschehen heute in Tram Nummer 5, Kontrollnummer 768. Vor mir und meinem Vater ein Pärchen: er zugedröhnt, sie ihm vis-à-vis, lässig dahingegossen, eine Pose, eingeübt vor dem Spiegel in stundenlangen Selbstbeobachtungs-Sessions.... alles sitzt, nur die Schuhe stehen vor Dreck. Und gerade mit denen teilt die junge Dame ihren gepolsterten Sitz. Däd regt sich auf, zurecht, und macht mich erst aufmerksam. Um noch einen draufzusetzen, steckt sich das Mädel eine Zigarette an, lasziv mit einstudierter Läss-oh-Geste... wir sind ja soooooo khul. Däd, selbst starker Raucher, findet das nun echt zuviel. So mache ich denn den Vamp darauf aufmerksam, dass Rauchen hier verboten sei. Nun folgt ein filmreifer Gesichtsausdruck der Marke "verächtliche Lustigmache", gerade so, dass die natürliche Schönheit erhalten bleibt. Die Frau ist echt begabt und schafft es beinahe, mich aus der Reserve zu locken.
Okay, hier hätte ich meine schauspielerische Trickkiste öffnen und antworten können: Sehen Sie, wusst ich's doch, dass Sie das nicht gewusst haben. Für einmal habe ich jedoch anders entschieden und mich in Petzabsichten Richtung Führerkabine aufgemacht.

Nun kommt der absolute Witz. Der Mann zuckt die Achseln und sagt, er könne nichts tun; ich müsse halt schauen. Das seien schliesslich Kunden - wenn sie es denn waren - und er könne die ja nicht in die Verantwortung nehmen oder in eine solche ziehen. Ich solle mich mit meiner Beschwerde ans infocenter wenden - Öffnungszeiten Montag bis Freitag 8.30 bis 18.00 Uhr. Hihihihihi-heute ist Samstag und überhaupt, wir sind hier und jetzt und nicht dort und irgendwo. 

Ich setz mich also hin und halte die Klappe, worauf der junge Mann plötzlich das Bedürfnis zu haben scheint, mit mir weiterzudiskutieren. Kann er haben! Meiner Meinung nach brauchen wir keine Vorschriften und Gesetzesbücher, wenn die Sachen nicht durchgesetzt werden. Ich erzähle Kontrollnummer 768, dass neulich im Bus ein Kollege von ihm jemanden samt Velo rauskomplimentiert hätte. 768 fürchtet um seine körperliche Unversehrtheit und zieht "Acqua in bocca" vor. Dabei hätte er doch locker über sein Mikrophon wenigstens die Stimme erheben und so etwas wie Präsenz markieren können, irgendwo zwischen saignant oder à-point. Aber Kunde ist Kunde, wobei ich ihn dann schon mit der Bemerkung verunsichere, die beiden hätten vielleicht gar keine Fahrkarte. Schon fällt sein weises, geschultes Auge auf eine Gruppe Kontrolleure auf der anderen Strassenseite, und prompt steigt er aus, macht auf sich aufmerksam und lädt die wahren Helden von Bernmobil freundlich ein, ihres Amtes zu walten oder ihres Waltes zu amten. Das tun sie denn auch und die beiden "Delinquenten" steigen bei der nächsten Station aus, so wie ich auch, und ich könnte mir vorstellen, dass die lässige Schönheit wirklich alles hatte, ausser einer Fahrkarte, denn ihr Verhalten war leicht irritiert und nervös. Er faselte zu ihr etwas von Abonnement und Billett, was darauf schliessen liess, dass er zumindest diesbezüglich bestückt war. 
Vielleicht liege ich mit allem auch völlig falsch und hatte heute die Ehre, mit der neuen Greta Garbo - evviva la diva - ein kleines Stück des Weges gefahren zu sein.

Was soll ich aber in Zukunft all den ängstlichen, oft älteren Leuten erzählen, welche mich jeweils bezüglich Sicherheit angehen. Vor allem in den Abendstunden fühlen die sich im Tram nicht besonders wohl. Bis jetzt habe ich von Selbstverteidigungskursen jeweils abgeraten mit dem Hinweis, sie sollten einfach ins Abteil mit dem Fahrer einsteigen, denn der habe die Verantwortung und werde im Notfall sicher helfen. Wenn das nicht einmal bei einer Zigarette möglich ist, was würde dann z.B. bei einer Messerattacke passieren, und sei diese nur auf die Polsterung der Sitze? Nun weiss ich es: NICHTS, NADA, NIENTE, NANI MO NAI, NOTHING.... RIEN NE VAS PLUS.

Übrigens: mein Vater, der einige Stationen früher ausgestiegen ist als ich, erzählte mir, dass die Frau sofort ihre Zigarette seitlich des Sessels ausgedrückt hätte, als ich nach vorne gegangen sei. Er habe ihr dann noch was von wegen der Schuhen auf der Bank gesagt, was ihm eine Beleidigung seitens des Makers an Gretas Seite eingetragen hat.

ÜBRIGENS 2: die ganze Zeit über war mir stets bewusst, dass ich ja eigentlich! auch Kunde von Bernmobil bin und mein Vater auch, und erst noch beide mit gültiger Fahrkarte. Ob ich nun auf andere Verkehrsmittel umsteige? Bin mir noch nicht ganz schlüssig, denn Bernmobil ist ja so beruhigend abenteuerfrei, meistens jedenfalls =D

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