Sonntag, 3. August 2008

Olympia

Bald beginnen die umstrittensten Olympischen Spiele seit denjenigen in Russland. Ja, genau, so schnell vergisst der Mensch. Anno 1980 erklärte nämlich US-Präsident Jimmy Carter - der mit den Erdnüssen - den Boykott der bevorstehenden Olympischen Spiele in Moskau, da die Sowjetunion Afganistan okkupiert hatte. Er konnte damals nicht ahnen, dass die USA selber... aber that's another story.

Nach wie vor kann ich nicht begreifen, dass man China den Zuschlag überhaupt gegeben hat. Angeblich hegte man die Hoffnung, dass sich einiges tun würde, was Menschenrechte und Umweltschutz anbelangt. Was jedoch seither an Menschenrechtsverletzungen dort stattgefunden hat, ist einfach unglaublich. Ganze Stadtteile wurden abgerissen, plattgewalzt, die Menschen enteignet und mit Almosen abgespeist und wer nicht bereit war, sein Haus zu verlassen und so den Ambitionen des ehrgeizigen Regimes Platz zu machen, der wurde zunächst mit Geld in Versuchung geführt, um dann schlussendlich mit schlagenden Argumenten zur Raison gebracht zu werden. In China gehört offenbar sämtlicher Boden dem Staat. Hausbesitzer erwerben nur ein Nutzungsrecht für bis zu 70 Jahre. Und wenn es dem Allgemeinwohl dient, kann der Grund ohne Angabe von Gründen zurückgefordert werden.

Neulich habe ich am Fernsehen einen chinesischen Lehrer gesehen. Seit Monaten und bis nach Olympia haben er und seine Gattin strikten Hausarrest. Er dürfte eigentlich!! auch gar keine Interviews geben. Er erzählte, dass sein Sohn bereits umgebracht worden sei und war einigermassen verzweifelt bei der Vorstellung, dass die übrige Welt nicht sehen könne, was wirklich in China passiert. So weiss er denn nicht, dass der gelbe Riese nicht unbedingt gut wegkommt in unseren Medien, bei der westlichen Bevölkerung und überhaupt.

Dabei geben die sich dort doch gerade so viel Mühe. Da wird den Menschen beigebracht, Schlange zu stehen und nicht zu drängeln, nicht in der Öffentlichkeit zu spucken oder wie man eine richtige Welle der Begeisterung macht. Ich glaube, wir können uns nicht annähernd vorstellen, was wirklich da so läuft und mir tun die Chinesen leid... ich meine die ganz normale Bevölkerung, nicht die Machtmenschen der Regierung, die gierigen Immobilienmakler und alle, die sich auf Kosten aller andern bereichern und dafür bereit sind, über Leichen zu gehen.

Als erfolgreicher Sportler wäre ich jetzt echt im Clinch, denn wer möchte seine Gesundheit ruinieren z.B. bei einem Marathonlauf, der bei den schnellsten Männern über 2 Stunden, bei den schnellsten Frauen gegen 2 Stunden 30 dauern könnte, und das bei DER Luftverschmutzung. Hier also das Dilemma: Sportler leben von ihrem Sport, haben Sponsoren und möchten sich ja auch irgendwie durch einen grandiosen Sieg verewigen. Und was würden die Sponsoren sagen, wenn ihr Schützling einfach entscheiden würde: ich bleibe zu Hause. 

Zu Hause bleiben könnte unsere Micheline, und damit ein Zeichen setzen. Sie hat keine Sponsoren, oder wenn, dann uns Schweizerbürger. Ich habe ihr allerdings bezüglich China und den unmenschlichen Verbrechen an den Falun Gong-Anhängern (ich hatte eine geradezu unglaubliche Aufklärungsschrift dazu zugestellt erhalten) geschrieben und direkt auch angesprochen, dass man hier doch einmal Druck aufsetzen sollte oder mit Boykott drohen, denn die Sprache des Geldes wird in China verstanden. Frau Calmy-Rey schrieb zwar zurück (leider finde ich den Brief momentan nicht, habe ihn vielleicht auch vor Enttäuschung geschreddert), ich fand ihre Aussage allerdings mehr als blauäugig. Sollte sich vielleicht doch lieber an das Singen halten, die Gute....


...hat doch echt Chartqualitäten. Ich finde das nicht nur mutig, sondern auch recht gut. Wobei das Original halt doch um einiges besser ist.


Ja, da sehen wir's mal wieder, wenn auch Ton und Bild nicht genau übereinstimmen bin ich mir doch ziemlich sicher, dass "la Piaf" die politischen Geschäfte nicht besser führen könnte als unsere Micheline, oder?

Ich werde mit dem Schlafen während Olympia jedoch keine Probleme haben, denn es interessiert mich überhaupt nicht, wer am besten gedopt wurde.... sei es mit Epo, Wachstumshormonen oder gar mit dem in Mode kommenden Gen-Doping. Aber lesen Sie doch dazu das Buch der ehemals erfolgreichen DDR-Sportlerin Ines Geipel ("No limit - Wieviel Doping verträgt die Gesellschaft"). Frau Geipel, heute Schriftstellerin, leidet noch heute an den Folgen von Zwangsdoping.

Natürlich ist Sport attraktiv und interessant. So habe ich mir denn gestern fasziniert auf ARTE den ersten Teil von "Im Körper der Topathleten" angesehen. Dabei ging es um die Königsdisziplin, den 100Meter-Lauf der Herren, respektive Rekordläufer Asafa Powell im Vergleich mit Tyson Gay. Mittels modernster Methoden hat man versucht, herauszufinden, warum der schnellere Powell es bisher nicht geschafft hat, in wirklich bedeutenden Rennen Gay zu schlagen.... natürlich nicht ins Gesicht. Das war sehr interessant und ich freue mich bereits auf die nächste Sendung, in welcher sich alles ums Schwimmen drehen wird!

Für alle, welche kurz reinschauen möchten hier ein Ausschnitt, leider nur in Japanischer Sprache. Es kann aber nie schaden, noch etwas dazuzulernen. Virtuell werden Powell und Gay im Vergleich gezeigt.... Und wer nichts versteht, kann ja mal die interessanten Bilder für sich sprechen lassen!


Eines ist jedoch sicher: auf ganz privater Basis boykottiere ich die olympischen Spiele 2008, und ich bin überzeugt, damit nicht alleine dazustehen.

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