Donnerstag, 26. März 2009

Von BIO zu NANO


Da hatten einst Leute die Idee, dass mit Gift behandeltes Gemüse oder damit gespritzte Früchte giftig sein könnten. "Logisch", sagen wir heute, "gesund ist anders". Die Initiatoren der Biowelle, die Pioniere also, standen nicht nur allein auf weiter Flur sondern wurden bestenfalls milde belächelt. Sektierer sind das, hiess es oder man sagte ihnen gar nach, bei Nacht und Nebel dennoch auf bewährte Mittel zu setzen.

Doch der Kunde setzte ganz klare Zeichen und so kam man irgendwann nicht mehr an dieser Idee vorbei. So gibt es heute alles zwischen konventionellem Anbau, integrierter Produktion, Bio in jeder zertifizierten Abstufung sowie Demeter. Es gibt gar ein Forschungsinstitut für Biologischen Landbau. Das wäre in den 50er und 60er-Jahren undenkbar gewesen.

Und was den Esswaren gut tut, und deren Konsumenten, das tut sich anderswo noch besser. Bio-Kosmetik, Bio-Kleidung, Bio-Putzmittel, Bio-Dosenöffner.... und der Kunde geniesst das Gefühl, sich etwas ganz Besonderes gegönnt zu haben.

Wo man immer noch einen Nahkampf ausficht ist im Bereich Medikamente. Obwohl viele Leute auf bioloisch-dynamische Phytopräparate setzen, verlässt sich ein Grossteil vor allem bei schweren Erkrankungen auf unsere Spitzenchemie. Obwohl ich selber ohne Antibiotika heute den biologischen Landbau von unten betrachten würde - ich hätte meine Lungenentzündung definitiv nicht überlebt - kann ich nicht nachvollziehen, dass 38 Chemotherapien mit zum Teil unglaublichen Giftmixturen zu einer besseren Gesundheit beitragen können.

Alkylanzien greifen die Moleküle der Erbsubstanz an, Antimetabolite werden als "falsche" Bausteine eingebaut und zerstören die Erbinformation, mittels Taxane wird die Zellteilung sozusagen eingefroren..... aber all das möchten wir eigentlich gar nicht wissen und schon gar nicht serviert bekommen. Eine haarsträubende Angelegenheit!! Ob einem vielleicht gerade deshalb bei den meisten solchen Massnahmen die Haare gleich büschelweise ausfallen, wie mir anno 1997 nach 3 Wochen Antibiotikakur?

Es ist immer eine Frage des Abwägens, des Pro und Kontras, denn man kann ja auch biologisch-dynamisch zugrunde gehen. Allerdings habe ich noch nie von einer biologischen Chemotherapie gehört, ausser vielleicht die Mistelinjektionen der Anthroposophen.

Nun wird BIO durch NANO abgelöst oder zumindest ergänzt. "Nanopartikel überall, tönt es durch die Luft mit frohem Schall". Praktisch sind sie ja schon, die Nano-Kuchenbleche, auf welchen das Backgut ohne das übliche Backpapier verwendet werden kann, zumindest bis zu dem fatalen Moment danach... nachdem es in der Spülmaschine war. Dort wird es nämlich im Knopfumdrehen zu einem handelsüblichen Blech.

Mittlerweile wird die Euphorie der Anwender von Nano-Sachen etwas dadurch gedämpft, dass warnende Stimmen immer lauter werden. So wurden Nanopartikel in Imprägnierungsmitteln zwar als funktionell positiv angesehen, allerdings können die winzigen Teilchen direkt über die Atemwege in unseren Körper gelangen, und frei nach Zauberlehrling weiss noch keiner so recht, was daraus noch werden könnte. Durch die "Wunderfaser" Asbest mussten einige am eigenen Leib erfahren, dass etwas gleichzeitig Segen und Fluch sein kann. Asbest wurde 1979 verboten und stellt heute ein riesiges Entsorgungsproblem dar.

Dennoch üben schmutzabweisende Hemden gerade auf uns Hausfrauen eine enorme Faszination aus und Sonnencrèmes, welche streifenfrei einziehen, erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Die Nanopartikel reflektieren das schädliche UV-Licht, schützen die Haut effektiv und gehen im Wasser auch nicht sofort ab. Selbst die Computertechnik greift gerne auf Nano zurück.

Zellbiologen der EMPA widmen sich jetzt der Erforschung der "Nanotoxikologie" innerhalb des Projektes "Nanorisk" mit dem bisherigen Ergebnis: Nanopartikel ist nicht gleich Nanopartikel, oder: "... nicht alle Nanopartikel sind gleich schädlich für die Zellen". Von nützlich oder gar gesundheitsfördernd steht da gar nichts.

Warum muss Ketchup Nanopartikel enthalten? Ging doch früher auch irgendwie ohne. Warum muss die Lagerfähigkeit von Bier mittels Nano-T verlängert werden, wenn eh immer alles sofort getrunken wird? Macht es Sinn, Nano-Chemie in Würste zu stecken, um deren Farbe appetitlicher zu gestalten, wenn es da doch eher um den Geschmack geht. Wieso müssen Nanopartikel in dadurch schmutzabweisenden Socken- und Unterhosen die Geruchsentwicklung hemmen, wenn Unterwäsche doch sowieso aus Hygienegründen regelmässig gewaschen werden sollte.

Interessant beim Menschen ist seine Fähigkeit, Dinge zu vernetzen, selbst dann, wenn sie unvernetzbar sind, und dadurch eine "Neuentdeckung" zweck Gewinnmaximierung in soviele Anwendungsbereiche wie möglich einfliessen zu lassen.

Diese Rechnung kann aufgehen, muss aber nicht unbedingt. Nehmen wir einmal ein praktisches Beispiel. Gisèle Bündchen, Top- und bestbezahltes Model der Welt ist mit 1,80 m und den Traummassen 91-60-89 eine Erfolgsgarantin. Dennoch wäre sie in einer Fussballmannschaft oder auf dem Tenniscourt wohl nicht sehr erfolgreich um nicht zu sagen fehl am Platz. Gut, bei 1,80 kann man nicht von Nano sprechen, aber es geht ums Prinzip.

Alles und jeder hat seine Stärken und Schwächen - und somit auch seinen Platz im Leben - eine Tatsache, welcher auch in der schulischen Erziehung unseres Nachwuchses mehr Beachtung geschenkt werden sollte. So gibt es diese wunderbare Geschichte, in welcher ein Elefant, ein Affe, ein paar esoterische Hühner und sagen wir mal ein Eichhörnchen auf einen Baum klettern müssen. Wer ist zuerst oben?

Genau, der Elefant, und wie Peter Gaymann in einem seiner erfolgreichsten Bücher meint, ist dies allein eine Frage der Atemtechnik. Aber besuchen Sie doch einmal sein Huhniversum... eine Portion Humor könnte jetzt nicht schaden.

In diesem Sinne schauen wir doch mal den Herstellern von "Flutschi" einem Lutsch-Frucht-, oder besser gesagt, Frucht-Lutschbonbon einmal bei der Entwicklung von Marktstrategien über die Schulter:

"Es muss schmecken" =D

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