Donnerstag, 7. Oktober 2010

Krankenkassen: der jährliche Prämienschock


STATISTENLOGIK
Erhöhung 43 % = gefühlte 0.5 %
Rat: ziehen Sie sich warm an!
Ein anaphylaktischer Schock ist ein Kinderspiel verglichen mit demjenigen, der uns alle Jahre wieder ereilt, wenn Bundesrat und BAG wieder einmal wort- und tatenlos die angekündigten Prämienerhöhungen gutheissen und bekanntgeben.

Ein anaphylaktischer Schock ist eine lebensbedrohliche Situation, der Prämienschock mittlerweile beinahe auch. Die steigende finanzielle Belastung geht einem buchstäblich ans Lebendige. Seit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes im Jahre 1994 erhöht man die Forderungen jährlich um +/- 10 Prozent, in manchen Jahren waren es sogar 35 Prozent.

Unlogisch bei dem Ganzen ist ja, dass solche Auslagen bei der Berechnung der Jahresteuerung keine Rolle spielen, denn sonst würden sich ganz andere Prozentzahlen ergeben. Gemäss Liste der Teuerung entsprach diese 2007 0.7 %, 2008 2.4 % und 2009 sogar minus 0.5 %. Die Prognose für das laufende Jahr lautet 0.7 %, für 2011 0.6 %.

Halloooooo, wenn ich von einem aufs folgende Jahr z.B. 20% mehr Prämien zahle, dann hat das auf mein Budget einen riesigen Einfluss. Das Bundesamt für Statistik sieht das anders und behauptet, der Einfluss der Prämienentwicklung auf die Einkommensentwicklung in Prozenten sei gering, das heisst zwischen 0.0 und 0.5 Prozent, obwohl der Index im Bereich Grundversicherung KVG zwischen 103.8 und 153.7 Punkten schwankt.

Der Prämienaufschlag war übrigens nicht in allen Kantonen gleich hoch. Der Kanton Bern ist führend mit einem Anstieg 2005 - 2010 von 43 % (Genf nur 10%), aber eben fühlbar lediglich 0.0 bis 0.5 %.

Das zeigt wieder einmal, wo wir als Staat Geld sparen könnten, nämlich genau bei solchen Bundesämtern, welche einen derartigen Stuss verbreiten. Papier ist geduldig.... ich bin es nicht... je länger, je weniger.

Wer sich dennoch für den Stuss interessiert: blablabla ... der Grund ist dafür, dass die Prämien nicht im Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) enthalten ist .... blablabla: es sind konzeptionelle Gründe. AHA, interessant, und was heisst das? Wer sich dieses Beamtendeutsch antun möchte, kann die skandalöse Ausrede in voller Länge hier besichtigen.

Da für uns gut fühlbar der Einfluss der hohen Krankenkassenprämien um einiges mehr als bei 0.0 bis 0.5 % liegt, versichern Martin und ich seit Jahren nur das gesetztlich vorgeschriebene Minimum und nehmen zudem eine Jahresfranchise von 1'500 Franken in Kauf. Die damit verbundenen Einsparungen sind jedoch den Kassen ein Dorn im Auge und so wurden sie bereits für das Jahr 2009 gekürzt. Man diskutiert sogar, dass Leute, welche eine hohe Franchise haben, die Kasse nur noch alle 3 Jahre wechseln dürfen, damit sie nicht mehr sofort auf die unerhörten, stets steigenden Forderungen reagieren können.

Jemand, der nur ab und zu krank ist (Gottseidank!), zahlt also immer alles selber, und das nebst den teueren Prämien. Momentan zahlen wir pro Jahr 7'500 Franken. Müssten wir einmal eine etwas teurere Behandlung über uns ergehen lassen, dann gehen die ersten 1'500 Franken auch noch zu unseren Lasten (Franchise pro Person). Darüber hinausgehende Kosten gehen ebenfalls bis zum Kostenbeteiligungsmaximum von aktuell 700 Franken (pro Person) auf unsere Kappe. Schlechtestenfalls zahlt man in einem Jahr also 9'700 Franken (pro Person). Zu beachten ist bei dieser stolzen Summe, dass man dabei noch wie ein Drittklassmensch behandelt wird und nach einer OP noch im Aufwachraum rausgeworfen wird, von wegen der Fallpauschale. Und gegen Ende des Jahres wird es für Allgemeinpatienten schwierig, in einem Spital Aufnahme zu finden, selbst wenn eine lebenserhaltende Operation anstehen würde!

Fast 10'000 Franken für die schlechteste Behandlung überhaupt.... und das in einem Land wie der Schweiz. Dazu kommen natürlich noch sämtliche Zahnarztkosten, welche in unserem Land nicht von den Kassen übernommen werden.

Und sie wollen mehr. 23 Milliarden Franken pro Jahr genügen nicht!! Statt Kosten da einzudämmen, wo es Sinn machen würde, hat man anno 2005 die alternativen Heilmethoden aus dem Leistungskatalog rausgekippt. Leute, die trotzdem die sanften Methoden vorziehen, zahlen alles selber. Offenbar hat das Ablehnen der Leistungen für Akupunktur, Homöopathie etc. null Ersparnis gebracht, was eigentlich logisch ist, denn es sind die kostengünstigen Ansätze.

Was nun? Bei Comparis bietet man mir einen Überblick über die potentielle Ersparnis, wenn ich für 2011 Kasse wechsle. Mit einem Wechsel zur Sansan könnte ich 2'662.80 Franken sparen und würde somit nächstes Jahr "nur" 8'060.40 Franken bezahlen, wenn das denn stimmt, denn vielleicht ist dies die Prämie für ein Hausarztmodell oder sonst irgend eine Kombination, welche die freie Arztwahl einschränkt oder mich dazu verdonnert, erst einmal einen Marathon zu laufen, bevor ich meinen Arzt anrufe.

Neulich im Tram sah ich dann etwas, das schlägt dem Fass den Boden aus. Auf einer Werbung der KK avanex steht gut lesbar: "Jahresabo für den ÖV gratis!" Darunter sehr viel kleiner "Bezahlt von der gesparten Krankenversicherungsprämie". Also wenn das nicht unlauterer Wettbewerb und somit eigentlich verboten ist, dann würde mich das sehr wundern. So billig ist die Kasse nämlich auch wieder nicht mit Franken 8'222.40, Irrtum vorbehalten.

Aber ich habe etwas gelernt. Künftig werde ich wohl wie folgt werben: AIKIDO AI, Halbtaxabo für 2 Jahre gratis, darunter ganz klein und unlesbar: bezahlt vom gesparten Mitgliederbeitrag und den zudem unnötig gewordenen Besuchen beim Osteopathen.

Übrigens: wussten Sie, dass Bundesräte keine Krankenkassenprämien zahlen müssen? Genau, sie wären sonst vielleicht zu befangen, die armen!

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