Liz Taylor - RIP |
Was aber nehmen wir von unseren Mitmenschen tatsächlich wahr? Da gehen beinahe 80 Jahre ins Land, und ehrlich gesagt sehen wir doch in erster Linie das Äussere, nicht zuletzt was die Entwicklung anbelangt. Wir sehen, wie aus einer wunderschönen, anmutigen 10jährigen eine 79jährige Rollstuhlfahrerin wird. Wir können uns zwar ihr Curriculum auf Wikipedia reinziehen und wissen aber immer noch gar nichts von ihr. Dass jemand dreimal einen Oscar erhalten hat, 4 Golden Globes, 6 Laurel Awards und viele andere Auszeichnungen, sagt noch nichts über sein Innenleben aus.
Was geht zum Beispiel in einem Menschen vor, dessen Spiegelbild ihm so viel an Loslassen und Rückblicken ohne Wehmut abverlangt. Was, wenn das gefühlte ICH so gar nicht mehr dem entspricht, das einem da aus dem Spiegel entgegenblickt. Wir sind Bewusstsein und somit alterslos, wir sind weder Zeit noch Raum unterworfen. Bei unseren physischen Anteilen ist das jedoch anders. Die Diskrepanz vergrössert sich im Laufe der Jahre immer mehr. Wohl dem, der schon in jungen Jahren nicht nur durch Schönheit und Aussehen sondern vor allem durch sein Wesen und seine Präsenz punkten konnte.
Überhaupt ist Loslassen im Alter ein Thema. Vielleicht hört man nicht mehr so gut, sieht nur noch einen Bruchteil, ist eingeschränkt in seiner Beweglichkeit, hat Schmerzen. Viele Weggefährten haben bereits das Zeitliche gesegnet und man wird von Verlustängsten geplagt. Vor allem aber reduzieren sich die Möglichkeiten auf ein überschaubares Mass. Mit 17 hat man noch Träume.... und die könnten sich tatsächlich noch verwirklichen. Mit 80 ist man schon froh, wenn man überhaupt noch schlafen kann.
Das Schlimmste ist jedoch, dass man plötzlich von seiner Umwelt in der Altersschublade eingeordnet oder gar abgelegt wird. Der Mensch braucht dieses Schubladisieren, das gibt ihm Sicherheit. So ist jeder erst ein Kind, dann ein Jugendlicher, ein Erwachsener, ein Alter.... dazu gibt es noch jede Menge Unterschubladen (ADHS-Kind, Randalierer, Chef, Vater, Mutter, Rentner, Pensionär...). Spätestens ab 75 fällt einem auf, dass die Leute einen nicht mehr für voll nehmen, die Stimme anheben, wenn sie mit einem sprechen, dabei oft das Wort "wir" brauchen im Sinne von: "wie haben wir geschlafen?".
Jede noch so ausführliche Lebensgeschichte kann einen Menschen nicht in seiner Ganzheit wiedergeben und so wissen wir eigentlich nichts über unsere Mitmenschen, wissen nicht, wer Elisabeth Taylor war; ja wir wissen eigentlich nicht einmal genau, wer wir selber sind.
Es war Liz Taylors Job, Liz Taylor zu verkörpern, mit allen Höhen und Tiefen, Erfolgen und Abstürzen. Keine leichte Aufgabe.... aber wessen Leben ist schon leicht. Allerdings ist es um einiges einfacher, sein Leben in Anonymität zu leben. Obwohl: es kann verdammt anstrengend sein, Annemarie Schwab zu verkörpern, das kann ich Ihnen sagen; dauernd mit ihr zusammen zu sein... ihre Gedanken zu denken, ihre Gefühle zu erleben....
Elisabeth Taylors kann jetzt aufhören, Elisabeth Taylor zu sein und kann sich anderen Projekten widmen! Irgendwie eine schöne Vorstellung, oder? Ich wünsche Ihr jedenfalls auf Ihrem weiteren Weg alles Gute!
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