
Eigentlich!!! ist es längst ein offenes Geheimnis. In der Schweiz gibt es ganz klar Klassenunterschiede, was die ärztliche Versorgung anbelangt.
Vor der Einführung des KVGs war ich privat versichert, sowohl ambulant als auch im Spital. Das war sehr angenehm, denn ausser Rechnungen einschicken und die Zahlungen abwarten, musste man kaum etwas tun. Gesundbleiben vielleicht! Ausserordentliches, genügend begründet, wurde jedenfalls anstandslos übernommen und oberstes Prinzip war GMV, der "Gesunde MenschenVerstand". Dass dieses Grundprinzip damals auch für den einfachen Allgemeinpatienten eingesetzt werden konnte, durfte ich später erfahren, als ich selber Mitarbeiterin dieser damals führenden Kasse war.
Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass ich für diese Versicherungsdeckung ziemlich genau einen Viertel meiner jetzigen Prämie bezahlte, allerdings bin ich heute Allgemeinpatient mit einer Franchise von 1500 Franken, plus Selbstbehalt natürlich.
Bei Spitaleintritt sind wir Allgemeinen diejenigen mit den langen Ohren - Hilfe Meine Ohren - welche den zukünftigen Ärzten zwar nicht gerade zum Frass vorgeworfen werden, aber als Versuchskarnickel dienen sollen.
Als ich mit einer starken Lungenentzündung während 14 Tagen im Spital um mein Leben rang, kam nach einiger Zeit der Professor mit seinen 12 Zöglingen, welche dann zögerlich meine Lungen abhorchten und versuchten, meinem Leiden auf die Spur zu kommen. Ich war zwar vorgängig gefragt worden und es war eine interessante Erfahrung, auch für mich. Dennoch bin ich mir ziemlich sicher, dass Frau von und zu auf der Privatabteilung sicher nicht mit einem solchen Ansinnen belästigt worden wäre (darf es noch ein Glas Champagner sein??). Am Freitag Abend vor meiner Entlassung - ich war gerade am Essen - kam ein Arzt auf Besuch und meldete so nebenbei, dass am nächsten Tag bei mir noch eine Bronchoskopie gemacht werden würde. Man hätte da etwas gesehen und man würde auf Nummer Sicher und überhaupt. Ich informierte ihn klar und deutlich, dass ich für einen solchen Spass nicht zur Verfügung stünde und sowieso am nächsten Morgen entlassen würde. Beim Rausgehen drehte er sich kurz zu mir um und sagte: "ich hätte genau gleich entschieden wie Sie, schönen Abend noch".
Dem neusten Gesundheitstipp entnehme ich, dass das Vorgehen beim HMO-Modell im schlechtesten Fall an fahrlässige Tötung grenzen könnte, wenn nicht andere noch versuchen würden, das Ruder rumzureissen.
Die HMO-Praxis von Swica (Zürich-Oerlikon) behandelte im Frühling 2008 Lorenz Matter vom Duo Scacciapensieri:
Obwohl der Akrobat auch schon mit Fieber auf der Bühne stand und notfalls auf die Zähne beissen kann, fühlte er, dass mit ihm grundlegend etwas nicht mehr stimmte. So war er wochenlang erschöpft und seine Lymphknoten entzündet. Seine Konsultation beim Arzt dauerte gerade mal eine Viertelstunde. Ursache der Beschwerden sei ein Virus, ein Bluttest nicht sinnvoll, denn man wüsste dann zwar, was für ein Virus es sei, aber machen könne man nichts. Eventuell hat der Mann ja an das Epstein-Barr-Virus gedacht, welches auch unseren National Hero Federer beinahe untergekriegt hätte. Wie dem auch sei, eine seriöse Nachkontrolle wurde nicht gemacht, d.h. der Patient wurde nicht weiter aufgeboten.
Da die Müdigkeit anhielt und auch die Lymphknoten weiter geschwollen blieben, wechselte Lorenz Matter von der HMO-Versicherung zu einer normalen und suchte ein halbes Jahr später einen anderen Arzt auf. Ein Bluttest ergab einen alarmierenden Hämoglobinwert. Weitere Tests brachten eine niederschmetternde Diagnose an den Tag: Lymphdrüsenkrebs in einem fortgeschrittenen Stadium mit zusätzlichem Befall des Knochenmarks.
Man kann sicher nicht definitiv sagen, wie es ausgesehen hätte, wäre die Diagnosestellung ein halbes Jahr früher erfolgt. Dennoch ist klar, dass ein halbes Jahr Verzögerung bei einer Diagnose dieser Art fatal ist.
Die SWICA-Praxis schreibt, bei ihnen werde kein Unterschied gemacht zwischen verschieden versicherten Patienten. Sie hätten also denselben Fehler auch bei einem "Normal"versicherten gemacht??!! Sehr beruhigend!!!!!
Dennoch haben im Verlauf der letzten Jahre sechs Ärzte ihren Dienst bei genau dieser HMO-Praxis quittiert, weil der Kostendruck zu hoch sei. Entscheidungen mussten nach finanziellen und nicht nach medizinischen Kriterien getroffen werden, sagt einer dieser Ehemaligen.
Offenbar sind die SWICA-Gesundheitszentren anders als die meisten HMO-Gruppenpraxen nicht zertifiziert, da sie über ein eigenes Quantitäts... eh Qualitätsmanagement verfügten.
Unser Gesundheitswesen ist krank, sehr krank. Ob es sich jemals erholen wird, ist fraglich. Vielleicht muss es auch hier erst zu einem Zusammenbruch kommen, wie wir ihn ja schon bei den Banken erlebt haben. In der Zwischenzeit ist sicher nicht schlecht, alles daran zu setzen, gesund zu leben und es vor allem auch zu bleiben. Die Lösung heisst Selbstverantwortung!!! Seien wir unsere eigene Health Maintenance Organization.
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